Von Christopher Warmuth, 07.11.2016

Berghain-Parsifal

Kinder, macht Neues! Das forderte einst Richard Wagner. Dass die Bayreuther Festspiele dem zuletzt eher weniger nachkommen, ist bekannt. Aber zum Glück hat sich der Hauptsponsor des Festivals an ein Videoprojekt herangewagt. Man nehme: Parsifal + Techno + Stars + wenig Licht.

Die für Wagner typische Erlösung fehlt, stattdessen suhlt man sich in einer Badewanne, in Blut.

„Die moderne Inszenierung und die auf Wagners Leitmotiven aufbauende Musik von Moritz von Oswald übersetzen den alten Parsifal ins Heute.“ Bei diesem Satz, der auf der Website von Audi verkündet wird, zuckt man zusammen. Schockgefrostet harrt man beim Lesen aus, in Erwartung der grausligen Dinge, die sich irgendjemand zu irgendeinem Werk erdacht hat, um es aufzufrischen und an die Jugend zu bringen. Meistens geht das schief. Der Grundgedanke ist sehr simpel: Die Jugend findet Hochkultur ja angeblich furchtbar doof, deshalb muss man sie furchtbar viel verjüngen, wobei etwas furchtbar Unfruchtbares herauskommt.
Unter dem Namen „Zeitgeist“ will Audi Kreatives erschaffen. Mit durchgeknallten Künstlern aus allen Sparten wird experimentiert. Seit diesem Sommer gibt es eine fünfzehnminütige Parsifal-Version im Techno-Berghain-Drogen-Stil, initiiert von Jan Engel, Kulturberater von Audi, und dem Künstlerkollektiv „Like a Wild Beast´s Fur“. Es ist eine sehr saloppe Nacherzählung der Geschichte: Eigens komponierte Elektroklänge, die Wagners Leitmotive sehr frei interpretieren, wummern im Hintergrund. Es ist eine Dreiteilung – drei Akte – Promise (Verheißung), Seduction (Verführung), Realization (Verzweiflung). Titurel und Amfortas siechen vor sich hin, Parsifal wird durch Mitleid wissend und tötet Klingsor. Die für Wagner typische Erlösung fehlt, stattdessen suhlt man sich in einer Badewanne, in Blut. Schnell fragt man sich, ob das noch etwas mit Richard Wagners Parsifal zu tun hat. Aber eigentlich ist das egal.



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