Es gibt selten Geschehnisse in der Szene der klassischen Musik, über die man so richtig lachen kann. Häufiger hat man das Gefühl, weinen zu müssen. Der Tausendsassa Christoph Schlingensief, 2010 verstorben, ist einer derjenigen, der diese Szene aufmischte. Er brachte das Publikum durch seine radikalen Konzepte und Regieeinfälle häufig zum Weinen, angesichts der intelligenten Analyse unserer Gesellschaft, die häufig zum Spiegel griffen und alle verstörte. Aber, und davon zeugt dieser zehnminütige Clip, Schlingensief konnte beides, sogar zusammen: Und Schlingensief überdreht es so, dass aus Witz ein Weinkrampf wird. Erst, weils so unglaublich witzig ist, dann weils eigentlich ganz traurig ist.
Man glaubt nicht, was in Bayreuth alles möglich ist. Katharina Wagner konnte nicht schlafen, war alles bereit zu geben, Gudrun Wagner hatte Zahnschmerzen, Papa Wagner musste einspringen – wenigstens kann keiner sagen, dass in Bayreuth ein patriarchaler Geist regiert. Alles dreht sich um die Frauen. Und um Wagner. Vielleicht ist schwierig nachzuvollziehen, was dieses kurze Netzfundstück zu einem so traurigen macht. Selbst, wenn man Schlingensief nie gekannt hat oder gar sein künstlerisches Schaffen lange miterlebt hat, so fehlt er. Seine intensive Beschäftigung mit Wagner steht am Ende seiner Karriere, die auch bittere Töne anschlägt. Schlingensief, geplagt von seinem Krebsleiden, sprach in den letzten Interviews seines Lebens häufig davon, dass seine Erkrankung irgendetwas mit der Wagnerschen Musik zu tun haben muss. Er war von einem direkten Zusammenhang überzeugt. So liest sich die Widmung von Holger Noltzes „Liebestod – Wagner. Verdi. Wir.“, einer werkanalytischen Doppelbiografie aus dem Jahr 2013, als direkte Antwort auf diese Überzeugung: „Gewidmet dem Andenken an Christoph Schlingensief“. Kunst ist Projektion für Unerklärliches. Fast wie Religion.