Von Carsten Hinrichs, 22.05.2018

Staatsaffäre

Die besten Opern sind fast immer Krimis: ob Mord oder Selbstmord, Betrug oder üble Nachrede – oder alles vermischt in einer absurden Handlung. In unserem Opernrätsel werden nur die nüchternen Fakten verraten. Aus welcher Oper stammt das Verbrechen?

In der Hauptstadt einer besetzten Region des Nahen Ostens ist es am Wochenende im Rahmen von bürgerkriegsartigen Aufständen zu einem Staatsstreich gekommen. Dabei wurde der von der Besatzungsmacht einst installierte Marionettenregent gestürzt und getötet; die Schwester des Ermordeten, die inzwischen durch Ränkespiele und den Einsatz ihrer körperlichen Vorzüge nicht nur den Schutz, sondern auch die persönliche Zuneigung des fremden Machthabers erringen konnte, wurde an seiner statt vereidigt.

Wie später bekannt wurde, war dem Handstreich eine längere Phase der politischen Instabilität vorangegangen, die mit der Rivalität der Geschwister ihren Anfang nahm und durch die Anlandung des fremden Machthabers und seiner Truppen nur verschärft wurde. Dabei trug das selbstherrliche Auftreten und unglückliche politische Taktieren des noch sehr jungen Regenten viel zu seinem späteren Sturz bei. So hatte er vorauseilend einen politischen Gegner des eingetroffenen Machthabers ermorden lassen, sich aber zu seiner Verwunderung dadurch nur den Zorn der Besatzungsmacht zugezogen. Auch wurden die verzweifelte Witwe des Ermordeten und sein von Rachedurst erfüllter Sohn zu wichtigen Triebkräften des Aufstandes; letzterer soll laut Augenzeugenberichten im Tumult der Schicksalsnacht dem Regenten die tödliche Wunde beigebracht haben.

Durch den Mord am politischen Gegner des eingetroffenen Besatzers hatte sich der Regent zu seiner Verwunderung aber nicht dessen Anerkennung, sondern lediglich dessen Zorn zugezogen.

Andererseits geriet durch wechselnde Allianzen und den Heimvorteil der lokalen Milizen auch der sich durch sein überlegenes Truppenkontingent unangreifbar wähnende Besatzungsvertreter zwischenzeitlich ebenso in Bedrängnis. Einem Handgemenge an einer ungünstigen Stelle des Landungshafens konnte er sich nur noch durch einen kühnen Sprung in das Meer entziehen, so dass die Nachricht von seinem vermeintlichen Tod den Aufständischen für einen vorübergehenden Moment die Oberhand verschaffte.

Inzwischen hat sich die Lage in der Region beruhigt. Regierungskreise der Besatzungsmacht stellten bereits Überlegungen zu einer anstehenden Hochzeit der beiden Regenten an, die das Bündnis zwischen Zentralmacht und besetzter Provinz auf staatlicher Ebene festigen solle.

Auflösung und juristische Einschätzung


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