Von Carsten Hinrichs, 04.07.2017

Verflixt und zugenäht!

Die besten Opern sind fast immer Krimis: ob Mord oder Selbstmord, Betrug oder üble Nachrede – oder alles vermischt in einer absurden Handlung. In unserem Opernrätsel werden nur die nüchternen Fakten verraten. Aus welcher Oper stammt das Verbrechen?

Offenbar Opfer einer Verwechslung wurde am vergangenen Wochenende eine junge Frau in Norditalien. Wie die Polizei später herausfand, fiel die zum Todeszeitpunkt als Mann Verkleidete, deren Leiche in einen Sack eingenäht gefunden wurde, durch die Hand eines Auftragskillers – anstelle des führenden Stadtpolitikers, dem der Anschlag eigentlich gegolten habe. Dies gab der Täter zu Protokoll, der in der Nähe des Fundortes gestellt und zusammen mit seiner Schwester verhaftet werden konnte.
Durch Vernehmungen im Umfeld des Opfers kam desweiteren auch ans Licht, dass das Verbrechen eigentlich nur den traurigen Höhepunkt eines viel weitreichenderen Komplotts darstellt, in das viele hochrangige Angehörige der Stadtverwaltung verwickelt sein sollen. Diese bekannten nun, dass das eigentliche Opfer, der sowohl für seinen gewinnenden Charme als auch ausschweifenden Lebensstil bekannte Politiker H., auf rücksichtslose Weise seine Macht missbraucht und dabei auch vor Übergriffen auf Familienangehörige der Unterstellten nicht zurückgeschreckt haben soll. Von M., einem gehörnten Mitarbeiter, über die Verführung seiner Ehefrau zur Rede gestellt, habe H. die Beherrschung verloren und M. vom Sicherheitsdienst arretieren lassen, der das mit wilden Flüchen quittierte.

Der in Erwartung seiner Rache an H. hinzugeeilte Vater sah sich stattdessen genötigt, dem Sterben seiner Tochter nur mehr hilflos beizuwohnen.

Zur Katastrophe kam es jedoch erst, als R., einst engster Vertrauter von H. und in der Verwaltung für die Ressorts Stadtmarketing und Unterhaltung zuständig, seinerseits ins Blickfeld von H.s Besitzansprüchen rückte. So hatte H. anscheinend erst jüngst ein Auge auf G., die abgeschieden von der Öffentlichkeit lebende Tochter R.s, geworfen. Der wiederum hatte sich zuvor schon durch sein opportunistisches Verhalten in der restlichen Stadtverwaltung dergestalt isoliert, dass er nun auf keine Unterstützung mehr hoffen konnte. Vielmehr sahen die zuvor von R. aus Gefallsucht Gedemütigten nun ihre Chance gekommen, Rache an R. zu üben. Als er davon erfuhr, dass H. sein Ziel erreicht, mit einer durch die übrigen Verwaltungsangehörigen dreist inszenierten Entführung G. in seine Gewalt gebracht und seinem Willen unterworfen hatte, scheint R. endgültig den Plan zum Auftragsmord gefasst zu haben.

Nicht gerechnet hatte er allerdings damit, dass G., aufgrund ihres zurückgezogenen Lebens dem Charme von H. schon im Augenblick der arrangierten Nacht verfallen, mithilfe des von R. eigentlich zu ihrem Schutz gedachten Kleidertauschs seinen Plan vereitelte und sich anstelle von H. bewusst dem Mörder in den Weg stellte. Der in Erwartung seiner Rache an H. hinzugeeilte Vater sah sich stattdessen genötigt, dem Sterben seiner Tochter nur mehr hilflos beizuwohnen. Wie bekannt wurde, hat H. auf die Vorfälle reagiert und im Falle der für nächstes Jahr anstehenden Wiederwahl (die aufgrund der ihm aus dem gescheiterten Anschlag erwachsenen Sympathien als sicher gilt) der Korruption in der Stadtverwaltung den Kampf angesagt. R. befindet sich in psychologischer Betreuung.

Auflösung und juristische Einschätzung


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